© B. Schwabe. Ausschnitt aus dem Saal des "Apollo Kino", Hannover

Filmbegleitmaterial

Die im Folgenden vorgestellten prämierten Filme wurden im Rahmen des Kirchen-und Kino-Projekts gezeigt, das 2007 in der Fläche der hannoverschen Landeskirche gestartet ist und weiter fortgeführt wird. Sie finden alle Filmbesprechungen der bisherigen Staffeln in alphabetischer Reihenfolge zum Download in der rechten Spalte sowie einen Hinweis zur Verfügbarkeit des Films im Medienverleih.

Filmbesprechungen zum Download

CAPERNAUM – STADT DER HOFFNUNG (Libanon 2018. Regie: Nadine Labaki)

Ein 12-jähriger Junge steht im Libanon vor Gericht und klagt seine Eltern an, die ihn in diese Welt gebracht haben. In Rückblenden erzählt der Film mit erschütternder Ausweglosigkeit von seinem Weg durch die Elendsviertel von Beirut. Mit großer emotionaler Kraft und Authentizität entwickelt sich ein Drama über eine Welt des Elends und ein System von Ausbeutung und Ungerechtigkeit.
 

COME ON, COME ON (USA 2021. Regie: Mike Mills)

Aus der Geschichte eines Radioreporters, der mit seinem neunjährigen Neffen durch die USA reist und dabei eine väterliche Beziehung entwickelt, macht Mike Mills eine sensible Reflexion über Elternschaft und die sich ergänzenden Perspektiven von Kindern und Erwachsenen – sinnlich und nachdenklich, intellektuell und mit leisem Humor.

CORPUS CHRISTI ((OT: Boże Ciało) PL 2019. Regie: Jan Komasa)

Ein in der Haft bekehrter junger Mann wird nach Ostpolen aufs Land geschickt, wo er sich in einem Sägewerk bewähren soll. In dem fremden Dorf gibt er sich als Priester aus und übernimmt die Stelle des erkrankten Pfarrers, was sich als Glücksfall entpuppt, da er nach einem tragischen Unglück die aufgebrachte Atmosphäre mit unkonventionellen Mitteln zu befrieden versucht. Das mit kühler Sachlichkeit inszenierte Drama entwirft ein differenziertes Zeitbild der polnischen Gesellschaft, die mit moralisch-ethischen Herausforderungen ringt.

DAS BRANDNEUE TESTAMENT (F/B/LUX 2014. Regie: Jaco Van Dormael)

Gott lebt in Brüssel, ist aber kein weiser Weltenlenker, sondern ein Sadist, der vor seinem Computer hockt und Frau und Tochter Èa tyrannisiert. Als Èa eines Tages aufbegehrt und den göttlichen Computer hackt, muss Gott sich widerwillig unter die Menschen begeben. Großartige, grob-satirische und letztlich doch feinfühlige Komödie voller grotesker Einfälle.

DAS ENDE IST ERST DER ANFANG (B/F 2015. Regie: Bouli Lanners)

Auf der Suche nach dem Handy ihres Bosses treffen zwei alternde Kopfgeldjäger auf ein Pärchen, das an die bevorstehende Apokalypse glaubt und gerade aus der Psychiatrie ausgebrochen ist. Großherzig und weise kommt das in seinem Einfallsreichtum und seiner zutiefst empfundenen Menschlichkeit berührende Roadmovie ohne jede falsche Note aus.

DAS LEBEN IST NICHTS FÜR FEIGLINGE (D/DK 2012. Regie: André Erkau)

Ein Mann verliert seine Frau. Er und die Tochter trauern, können sich in ihrer Sprachlosigkeit kaum helfen. Die Oma kämpft derweil mit ihrer Krebsdiagnose. In ernster Leichtigkeit nimmt sich der Film seines Themas an, überzeugt durch glaubwürdige Figuren, komische Spitzen und durch Sensibilität für den Trauerprozess.

Das Lehrerzimmer (D 2022. Regie: İlker Çatak)

Eine engagierte junge Lehrerin muss sich angesichts einer Reihe von Diebstählen an ihrer Schule zwischen ihrem pädagogischen Ethos und den Maximen der Schule orientieren. Während sie versucht, auf eigene Faust zu ermitteln und die Diebstähle aufzuklären, gerät sie selbst zwischen die Fronten. Konflikte eskalieren, der Mikrokosmos Schule wird zum Abbild von Gesellschaft.

DAS MÄDCHEN WADJDA (D/Saudi-Arabien 2012. Regie: Haifaa Al Mansour)

Ein selbstbewusstes 12-jähriges Mädchen lebt allein mit seiner Mutter in Riad und wünscht sich sehnlichst ein Fahrrad. Radfahren gilt in der wahabitischen Tradition des Islam für Mädchen als unschicklich. Der unterhaltsame und spannende Film fesselt als kritisches Gesellschaftsporträt; als kraftvolles Plädoyer für individuelle und gesellschaftliche Freiheit.

DAS NEUE EVANGELIUM ((OT: The New Gospel). D/CH/I 2020. Regie: Milo Rau)

Der Theatermacher Milo Rau inszeniert in der süditalienischen Stadt Matera, dem Schauplatz zahlreicher Jesusfilme und in unmittelbarer Nähe zu den von der Agrarmafia beherrschten Tomatenplantagen, das „Neue Evangelium“. Indem die Flüchtlinge aus Afrika in die Rollen von Jesus, seinen Aposteln und ihren Widersachern schlüpfen, entsteht eine aktuelle Auseinandersetzung mit dem Wirken und der Botschaft Jesu, die deren Bedeutung auch für die heutige Zeit überzeugend hervorhebt. Eine anregende Mischung aus Passionsgeschichte und politaktivistischer Dokumentation, die aufs Konkrete gerichtet ist und deshalb politischen Signalen Vorrang vor einer differenzierteren Analyse gibt.

DAS SCHWEIGENDE KLASSENZIMMER (D 2018. Regie: Lars Kraume)

Eine Abiturklasse in der DDR entschließt sich 1956 zu einer Schweigeminute, um der Opfer des Ungarnaufstandes zu gedenken. Den Zusammenhalt der Klasse wertet der Staat als konterrevolutionären Akt, und allen Schülern wird mit dem Ausschluss von der Abiturprüfung gedroht. Auf wahren Begebenheiten beruhendes Drama, mitreißend und souverän inszeniert.

DEIN WEG (US/E 2010. Regie: Emilio Estevez)

Eine reizvolle Auseinandersetzung mit dem Jakobsweg und ein sehenswerter Film, der die Vielgestaltigkeit und Ambivalenzen des modernen Pilgerns reflektiert. Er nimmt mit auf eine äußerlich ruhige, aber von inneren Spannungen geprägte Reise. Eine berührende Vater-Sohn-Geschichte, die spirituelle Dimensionen eröffnet.

Der Rausch ((OT: Druk). Dänemark 2020. Regie: Thomas Vinterberg)

Vier Lehrer an einer dänischen Schule lassen sich von der Idee eines natürlichen Alkoholdefizits anstecken und versuchen, ihre verbrauchte Lebensenergie mit Wein und anderen Aufputschmitteln anzufachen. Das geht zumindest anfangs auf, steigert sich aber schnell bis zum Delirium. Die schwarze Komödie seziert facettenreich die Bedingungen des Alkoholismus in Wohlstandsgesellschaften und wahrt dabei gleichermaßen Abstand zur sentimentalen Buddy-Komödie wie zum moralisierenden Drama. Eine glänzend inszenierte und gespielte Tragikomödie, die das Leben feiert und die sozialen und gesundheitlichen Gefahren des Alkohols zeigt.

DER SCHLIMMSTE MENSCH DER WELT (N 2022)

Eine junge Frau ist nach mehreren abgebrochenen Studiengängen und gescheiterten Beziehungen auf der Suche nach ihrem Platz in der modernen Welt der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten. Ohne Klischees erzählt der norwegische Regisseur Joachim Trier tiefsinnig und bezaubernd von den Schwierigkeiten, abseits von Kernfamilie und Karriere privates und berufliches Glück zu finden.

DER WERT DES MENSCHEN (F 2015. Regie: Stéphane Brizé)

Thierry ist seit eineinhalb Jahren arbeitslos und kämpft mit seiner Familie gegen den sozialen Abstieg. Der Film folgt ihm durch die Welt der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und seziert die Mechanismen, denen zwischenmenschliche Beziehungen im Rahmen moderner Arbeitswelten unterworfen werden. Großartige Darstellung eines packenden Dramas über die Selbstachtung des Menschen.

DIE ANDERE SEITE DER HOFFNUNG (FIN/D 2017. Regie: Aki Kaurismäki)

Aki Kaurismäki erzählt von einem syrischen Flüchtling, der auf der Suche nach seiner Schwester in Helsinki auf einen unkonventionellen Restaurantbetreiber trifft und trotz unüberwindbar erscheinender Hindernisse ungeahnte Solidarität erfährt. Perfekt inszeniertes, ebenso witziges wie zu Herzen gehendes Werk, getragen von Lakonie und Humanismus.

DIE BAND VON NEBENAN (ISR/F 2007. Regie: Eran Kolinin)

Eine kleine Geschichte, die am Rande der großen Auseinandersetzungen im Nahen Osten spielt und vom Abbau von Fremdheit und Feindschaft erzählt. Humorvoll und zurückhaltend wird diese interkulturelle Begegnung zwischen Ägyptern und Israelis zu einem Sinnbild für eine Verständigung, die den Anderen in seinem Anderssein ernst nimmt.

DIE FRAU DES NOBELPREISTRÄGERS (S/USA 2017. Regie: Björn Runge)

Der langersehnte Literaturnobelpreis und die folgende Reise nach Stockholm werden für ein eingespieltes Schriftstellerpaar plötzlich zur Zerreißprobe, als es sich unter öffentlichem Druck mit einer großen Lebenslüge konfrontiert sieht. Großes Schauspielerkino, das mit geschliffenen Dialogen unterhält und über die Stellung von Frauen im Kunstbetrieb reflektiert.

DIE GÖTTLICHE ORDNUNG (CH 2017. Regie: Petra Volpe)

Nora, eine junge Hausfrau und Mutter, lebt 1971 mit ihrem Mann und zwei Söhnen in einem beschaulichen Schweizer Dorf. Die Idylle gerät jedoch ins Wanken, als sie beginnt, sich für das Frauenstimmrecht einzusetzen. Chauvinistische Vorurteile und echte Frauen-Solidarität treffen in dieser warmherzigen Komödie aufeinander.

DIE JAGD (DK/S 2012. Regie: Thomas Vinterberg)

Thomas Vinterberg zeigt, wie dünn der Firnis sozialen Miteinanders ist: Ein ungeheurer Verdacht steht im Raum, an dem selbst langjährige Freundschaften zerbrechen. Eine ausgezeichnete Studie über die Wirkungslosigkeit der Unschuldsvermutung, über die Zerbrechlichkeit von Freundschaften und der Schwierigkeit einer Versöhnung.